Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Gedanken zum Thema "Absolute Beginner", Erlebnisse und was einem auf dem Herzen liegt
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Tania
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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von Tania »

oldfield2283 hat geschrieben: Montag 10. Juni 2024, 11:12 So verkehrt ist das Konzept der arrangierten Partnerschaften und Ehen nicht
... WENN es denn dazu geeignet ist, den Zweck, den beide Beteiligte anstreben, zu erfüllen.

In früheren Zeiten brauchte ein Landwirt z.B. ein kräftiges Weib, das ihm auf dem Hof helfen konnte und gesunde Kinder hervorbrachte, die dann ebenfalls auf dem Hof helfen und späteren mal übernehmen und die greisen Eltern miternähren konnten. Auch besagtes Weib profitierte von dem Arrangement - ohne Ehemann war es ihr nahezu unmöglich, einen eigenen Haushalt zu führen oder ihren Lebensunterhalt zu verdienen, sondern sie musste in anderen Haushalten (angestellt oder als arme Verwandte) leben und die Anweisungen der Hausherrin befolgen.

Die Ehe war also für beide Partner Lebensunterhalt und Altersvorsorge. Mit Glück auch noch die Erfüllung sonstiger Träume von Liebe, Freude und Zufriedenheit. Aber das war eher das Bonuspaket. Den Hauptzweck erfüllte eibe arrangierte Ehe auch - man musste halt nachweisen, dass man arbeitsfähig ist und in der Lage, eine Familie zu produzieren bzw. zu ernähren, und schon konnte der Pfarrer zur Tat schreiten. Okay, das mit dem "produzieren" ließ sich nicht garantieren, aber da es durchaus akzeptabel war, unfruchtbare Gattinen zu verstoßen, war das Risiko erträglich.

Heute hat aber jede/r die Möglichkeit, Lebensunterhalt und Altersvorsorge aucv ohne Ehe und Kinder sicherzustellen. Da bleiben als Ehezweck eben nur noch besagte Träume von Liebe, Freude und Zufriedenheit. Und so etwas lässt sich echt schwer arrangieren.
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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von Godyy »

Also es gibt schon Kulturen wo es einfacher sein könnte. Ich denke da an die Balken Region. Mir wurde tatsächlich mal angeboten ich solle nur bescheid sagen. Ich wäre dann schneller verheiratet mit einer Montenegrinerin als ich A sagen könnte.
:lach:
Sowas muss man dann aber auch wollen.
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Tania
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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von Tania »

Godyy hat geschrieben: Montag 10. Juni 2024, 12:35 Mir wurde tatsächlich mal angeboten ich solle nur bescheid sagen. Ich wäre dann schneller verheiratet mit einer Montenegrinerin als ich A sagen könnte.
:lach:
Sowas muss man dann aber auch wollen.
Eben.

Ich hätte mal einen netten Mann aus irgendeiner früheren Sowjetrepublik heiraten können. Sein Interesse lag nicht primär bei mir, sondern bei dem deutschen Pass. Als Gegenleistung hätte ich einen Mann gehabt, der mich versorgt und mir so viele Fässer baut, wie ich will.

Jedes Mal, wenn ich heute spontan ein Fass brauche, ärgere ich mich über meine damalige Ablehnung :sadwoman:
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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von Ampersand »

Tania hat geschrieben: Montag 10. Juni 2024, 13:52
Godyy hat geschrieben: Montag 10. Juni 2024, 12:35 Mir wurde tatsächlich mal angeboten ich solle nur bescheid sagen. Ich wäre dann schneller verheiratet mit einer Montenegrinerin als ich A sagen könnte.
:lach:
Sowas muss man dann aber auch wollen.
Eben.

Ich hätte mal einen netten Mann aus irgendeiner früheren Sowjetrepublik heiraten können. Sein Interesse lag nicht primär bei mir, sondern bei dem deutschen Pass. Als Gegenleistung hätte ich einen Mann gehabt, der mich versorgt und mir so viele Fässer baut, wie ich will.

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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von Außenseiter »

oldfield2283 hat geschrieben: Montag 10. Juni 2024, 11:12 Aber ich denke, die Gesellschaften werden so auf Dauer nicht funktionieren und es werden nur ganz viele Einsame produziert die wie die Japaner ihre Wohnung nie mehr verlassen und so auch schwierig Sex haben können. So verkehrt ist das Konzept der arrangierten Partnerschaften und Ehen nicht - nur eins noch dazu, weil der TE von patriarchalischen Strukturen sprach: ja natürlich sind die nicht von vorneherein gut oder schlecht, aber sie sind auch nicht notwendig, es könnten auch matriarchalische Strukturen sein, warum nicht. Nur ganz schlecht ist, wenn dann noch irgendwie fanatische religiöse Strukturen dazu kommen und ich weiß nicht ob der TE das mit seinem Hinweis meinte - dann wird es meiner Meinung nach ganz übel. Ansonsten schauen wir doch gerne mal nach China, Asien etc - die haben das schon ein paar Tausend Jahre hinbekommen zu überleben und zu überstehen. Das sehe ich bei Deutschland und Europa gerade nicht so.
Das sind ziemlich viele Sachen in einem. Zunächst nochmal, ja mea culpa, ich bin nicht konkret genug geworden, was die genauen gesellschaftlichen Kontexte einer arrangierten Partnerschaft angeht (welche Epoche, Kultur ich meine etc). Das zeigt erneut der Verweis auf die matriarchalen Strukturen. Das ist ja nur ein Austausch von Rollen mit gleichen Prinzipien.Was für mich eher zählte war der bloße Fakt der Fremdbestimmung bzw. Verlagerung von Verantwortung für die körperliche Verpartnerung vom Individuum in ein System aus gesellschaftlichen Normen und Konventionen. Und ja klar, je länger wir in der Zeit zurückgehen, desto flächendeckender begegnen uns solche Systeme auch hier in Europa und ja, vermutlich ist die Industrialisierung ein entscheidender Faktor, durch den sich "moderne" Gesellschaften andere Formen der Geschlechtspartnerschaft kulturell "leisten" können.

Ich finde den Punkt gut, dass wir als Außenstehende nicht über solche Systeme urteilen können bzw. urteilen sollten. Sie haben ihre eigene Logik. Aber ich würde schon meinen, dass man sich Gedanken machen sollte, wie Beziehungen im 21. Jahrhundert vielleicht besser funktionieren könnten, als sich für den Gegensatz von komplett frei und idealbasiert und komplett unfrei und wertbasiert entscheiden zu müssen. Kern dabei ist eigentlich immer die Frage, die mich bewegt, warum sich zwei Menschen nicht einfach befreunden können. Warum müssen wir Partner suchen, um unser eigenes Leben besser zu machen, warum suchen wir nicht Partner, um zusammen ein besseres Leben zu haben (Stichwort Freundeskreis, der hier schon angeklungen ist).

Was du über den Fanatismus religiöser Strukturen schreibst, ist auch eine Wertung und basiert vermutlich auf deinen Vorstellungen von Extremismus. Vermutlich würden wir heute das Verhalten unserer christlichen Kirche, wie es vor 300 Jahren war selbst für fanatisch gehalten. Wenn du nach meiner Meinung fragst, so hat Religion in der Partnerschaft zwischen zwei Menschen nichts verloren und nichts zu sagen, außer beide Partner teilen ihre Überzeugung darin von sich aus.
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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von time4change »

Ampersand hat geschrieben: Montag 10. Juni 2024, 14:17 Einige frühere Sowjetrepubliken wie z.B. das Baltikum weisen mittlerweile aber mehr Lebensqualität auf als Deutschland.

Weiß nicht ...

Mir sind HIER schon die Winter zu grau und zu dunkel und zu kalt und zu lang....

Rein klimatisch sehe ich bessere Lebensqualität in Portugal oder Süditalien oder den südlichen Bundesstaaten von Brasilien/Uruguay/den nördlichen küstennahen Regionen Argentiniens ...
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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von Tania »

Ampersand hat geschrieben: Montag 10. Juni 2024, 14:17 Einige frühere Sowjetrepubliken wie z.B. das Baltikum weisen mittlerweile aber mehr Lebensqualität auf als Deutschland.
Das erklärt, warum mir noch kein Balte ein unseriöses Angebot gemacht hat :crybaby:
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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von Tania »

Außenseiter hat geschrieben: Montag 10. Juni 2024, 14:29
Warum müssen wir Partner suchen, um unser eigenes Leben besser zu machen, warum suchen wir nicht Partner, um zusammen ein besseres Leben zu haben
Wie kommst Du darauf, dass letzteres nicht der Fall sei?

Wenn ich einen Partner suche, dann ist für mich absolut logisch: wenn durch unsere Partnerschaft sein Leben nicht besser wird, gibt es für ihn keinerlei Grund, sich auf diese einzulassen. Genauso wie es für mich keinen Grund gäbe, mich auf eine Partnerschaft einzulassen, wenn dadurch mein Leben nicht besser würde. Meiner Logik nach ist dieses "Partnerschaft, wenn das gemeinsame Leben für BEIDE besser ist als das Leben ohne einander" ziemlich gleichbedeutend mit "Partner, um zusammen ein besseres Leben zu haben".

Oder verstehe ich Dich da völlig falsch?
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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von Außenseiter »

Es gibt da aber einen feinen Unterschied, auf den ich hinaus will. Denn im ersten Satz ist es wieder ein Markt ("Die Beziehung ist ein Geben und Nehmen"). Aber eigentlich sollte es doch Positivismus sein, der eine gibt ohne Erwartungen und der andere gibt ohne Erwartungen. Wäre ich in einer Beziehung mit einer Frau, versuche ich, sie bei ihren Zielen zu unterstützen (im besten Falle stehe ich dahinter) und ich möchte nichts dafür. Sie will und macht hoffentlich das gleiche und gibt mir etwas, das ich brauche und will und möchte nichts dafür.

Das wäre für mich die definition von zusammenpassen. Man zwängt sich nicht zusammen irgendwo rein, man wird nicht zusammengezwungen, sondern es passt einfach.
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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von dfg82 »

Ampersand hat geschrieben: Montag 10. Juni 2024, 14:17
Tania hat geschrieben: Montag 10. Juni 2024, 13:52
Godyy hat geschrieben: Montag 10. Juni 2024, 12:35 Mir wurde tatsächlich mal angeboten ich solle nur bescheid sagen. Ich wäre dann schneller verheiratet mit einer Montenegrinerin als ich A sagen könnte.
:lach:
Sowas muss man dann aber auch wollen.
Eben.

Ich hätte mal einen netten Mann aus irgendeiner früheren Sowjetrepublik heiraten können. Sein Interesse lag nicht primär bei mir, sondern bei dem deutschen Pass. Als Gegenleistung hätte ich einen Mann gehabt, der mich versorgt und mir so viele Fässer baut, wie ich will.

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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von Egil »

Außenseiter hat geschrieben: Montag 10. Juni 2024, 16:09 Es gibt da aber einen feinen Unterschied, auf den ich hinaus will. Denn im ersten Satz ist es wieder ein Markt ("Die Beziehung ist ein Geben und Nehmen"). Aber eigentlich sollte es doch Positivismus sein, der eine gibt ohne Erwartungen und der andere gibt ohne Erwartungen. Wäre ich in einer Beziehung mit einer Frau, versuche ich, sie bei ihren Zielen zu unterstützen (im besten Falle stehe ich dahinter) und ich möchte nichts dafür. Sie will und macht hoffentlich das gleiche und gibt mir etwas, das ich brauche und will und möchte nichts dafür.
Das ist für mich "sich selbst belügen". Natürlich möchte man etwas zurück. Nicht gleich und unmittelbar, aber mittelbar schon.
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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von Außenseiter »

Für mich nicht. Das ist nicht der moralische Anspruch, mit dem man an Freundschaften oder Partnerschaften haben sollte und wenn man es sich finanziell leisten kann, auch an keine andere Beziehung.

Wenn man aber immer gibt und nichts zurückbekommt, sollte man sich doch eher mal nach der Qualität der Beziehung erkundigen als einfach etwas von jemand anderem einfordern.
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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von Galip »

Zur Ausgangsfrage: "Traditionelle" Systeme mit arrangierten Ehen zielen darauf ab, möglichst viele Leute unter die Haube zu bringen. Zwecks Ordnung und Vermehrung usw. In solchen Gesellschaften ist bzw. war der Single-Anteil deutlich geringer als das heute bei uns der Fall ist. Insofern ist es natürlich wahrscheinlicher, in einem solchen System eine Partnerschaft "abzubekommen" als es bei uns aktuell der Fall ist.

Nur: Was denn für eine Partnerschaft? Eben keine, bei der sich beide Beteiligten gegenseitig füreinander entschieden haben. Sondern eine, bei der einer (typischerweise der Mann) den anderen (seine Braut) ausgewählt hat, oder bei der dritte (typischerweise die Eltern) ein Arrangement getroffen haben, dem sich die Betroffenen dann zu fügen hatten.

Vielleicht gibt uns die Reduktion des Anteils an Paarbeziehungen (bzw. des Anstiegs des Single-Anteils) ja eine Vorstellung davon, welcher Anteil an Beziehungen früher (von mindestens einer der Personen) ungewollt war? Denn wenn sich zwei Personen gegenseitig wollen, dann hindert sie ja auch heute keiner daran, eine Beziehung miteinander einzugehen. Es zwingt sie nur keiner dazu.

Äußere Zwänge bei der Partnerwahl vermisse ich sicher nicht. Dass mir ein anderer vorschreibt, mit wem ich zusammen sein muss (bis ans Lebensende, versteht sich), das hätte mir gerade noch gefehlt.

Aber was ich vielleicht schon ein bisschen vermisse, sind Konventionen bei der Partnersuche, die ich verstehe. Im Patriarchat wenn einem Mann eine Frau gefällt, dann geht er zu ihrem Vater und sagt "Deine Tochter gefällt mir. Was muss ich tun, um sie zu bekommen?" Gut, dass das nicht mehr so ist! Nur was es für mich etwas kompliziert macht: Wenn ich heute stattdessen direkt zur Frau hingehe und sage "Du gefällst mir. Was muss ich tun, um dich zu bekommen?", dann ist das ein Affront, das grenzt geradezu an eine Ungeheuerlichkeit. Da muss vorher ein für mich undurchsichtiger Eiertanzt an Smalltalk und Anlächeln und Signale senden und Signale empfangen ablaufen, den ich nicht begreife und der mich total verunsichert.

Ich finde es beinahe ironisch: Die Beziehungsanbahnung läuft nicht mehr "indirekt" über dritte, sondern "direkt" zwischen den Beteiligten. Aber zugleich ist die ganze Kommunikation darum herum viel indirekter geworden. Und es ist diese indirekte Kommunikation, dieses Katz-und-Maus Spiel, das ich nicht verstehe und das mir Probleme bereitet.
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time4change
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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von time4change »

Galip hat geschrieben: Sonntag 23. Juni 2024, 12:22 Aber was ich vielleicht schon ein bisschen vermisse, sind Konventionen bei der Partnersuche, die ich verstehe. Im Patriarchat wenn einem Mann eine Frau gefällt, dann geht er zu ihrem Vater und sagt "Deine Tochter gefällt mir. Was muss ich tun, um sie zu bekommen?"
Kann auch ein was HÄTTE ich tun/erreichen müssen sein!
Wenn der Brautvater ein "Alter Herr" in seiner Studentenverbindung ist, dann erwartet er evtl. dass Du seit N Semestern ebenfalls in dieser Verbindung aktiv bist UND dort eine gute Reputation erworben hast UND in der Regelstudienzeit einen guten Abschluss erreichst.

Wenn Du diese Grundvoraussetzungen nicht erfüllst, brauchst Du gar nicht erst zu fragen!
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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von Außenseiter »

time4change hat geschrieben: Sonntag 23. Juni 2024, 12:35 Kann auch ein was HÄTTE ich tun/erreichen müssen sein!
Wenn der Brautvater ein "Alter Herr" in seiner Studentenverbindung ist, dann erwartet er evtl. dass Du seit N Semestern ebenfalls in dieser Verbindung aktiv bist UND dort eine gute Reputation erworben hast UND in der Regelstudienzeit einen guten Abschluss erreichst.

Wenn Du diese Grundvoraussetzungen nicht erfüllst, brauchst Du gar nicht erst zu fragen!
Ja und genauso ist es heute auch noch, nur dass der alte Brautvater jetzt die potentielle Braut direkt ist und man nicht mehr unmittelbar vor Augen hat, dass man nicht infrage kommt, bzw. was die Voraussetzungen sind, um überhaupt in Frage zu kommen. Stattdessen quält man sich durch einen albernen Eiertanz aus Hin und Her, indem der Mann dann irgendwelche Signale aufnehmen muss, aber auch nur von den Frauen, die ihn wollen, nicht die er will, weil er dann ein Chauvinist und ein übler Mensch ist. Nicht zu vergessen, wie komplex man es noch gestalten kann, wenn man den Mund aufmacht, bloß nicht persönlich werden, ihr bloß nicht sagen, dass sie sympathisch ist, nein so tun, als hätte man kein Interesse, damit sie Interesse hat usw. usf. Das meinte Galip auch, denke ich mal.

Nur stellen sich mir zwei Fragen: Einmal: In beiden Fällen wird nach harten Kriterien gesiebt und in beiden Fällen bleiben, unabhängig von der Methode, Menschen übrig, die diese Kriterien nicht erfüllen, richtig? Im Endeffekt zählt nicht die Methode, wie man jemanden kennenlernt, sondern nur der Grad der gesellschaftlichen Anpassung und was man auf diesem Grad alles zu bieten hat (heute z.B. voller Haaransatz, Hygiene, Geld, Engagement für die richtigen Sachen). Ist man möglichst normkonform kriegt man auch, was die Norm für einen bereithält, so der Gedanke. Wie kommen dann aber ganz unnormative Beziehungen zustande, wo sie sich z.B. nach kurzer Zeit toxisch verhält oder er gar Gewalt ausübt. Kann man so viele harte Kriterien auf dem Beziehungsmarkt wirklich vortäuschen, dass man als Frauenschläger im Endeffekt eine "gesunde" und "normgerechte" Beziehung an Land zieht? Und was ist mit den Frauen, die bei solchen Männern bleiben, dann verkehrt? Wissen die nicht, was die richtigen Kriterien sind, um einen guten Mann zu finden?

Zweitens kommen wir also eher weiter, wenn wir uns gleich bei rituellen Standards bedienen, die weitgehend auf Reproduktion derselben sozialen Struktur ausgelegt sind? In China ist das ja glaube noch so, wo die Eltern dann Langzeitsingles irgendwann zu verkuppeln versuchen (sonst bliebe die Familie ja ohne Enkel). Meine Erfahrung dazu ist eher, dass Menschen am authentischsten zueinander sein können, wenn sie zufällig in einer neuen Situation aufeinandertreffen, die ein Protokoll hat. Das wäre dann in etwa so wie bei den Tischsitten der Mafia, wo die falsche Haltung der Weinflasche beim Eingießen durch den Don den anderen Tischmitgliedern signalisiert, welcher Teilnehmer als nächstes stirbt (übertragen natürlich). Wenn man also nicht gezielt Situationen konstruieren will, in denen sich zwei Leute kennenlernen, müsste es dann also nicht doch eine Art Zwangssituation geben, in der sich beide Teilnehmer durch Verstoß gegen das Protokoll ihre Sympathie zeigen können? Wie früher wären das dann bestimmte Stationen im Leben oder gesellschaftliche Anlässe, die jeder Jugendliche zu durchlaufen hatte (, Jugendweihe, Tanz in den Mai, Volksfeste wie Pfingsten, Kirmes oder der obligatorische Tanzabend, Tanzschule etc.)
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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von Videl »

Außenseiter hat geschrieben: Sonntag 23. Juni 2024, 13:35 Stattdessen quält man sich durch einen albernen Eiertanz aus Hin und Her, indem der Mann dann irgendwelche Signale aufnehmen muss, aber auch nur von den Frauen, die ihn wollen, nicht die er will, weil er dann ein Chauvinist und ein übler Mensch ist.
Das ist Schwachsinn. Beide müssen sich gegenseitig wollen. Verliebst du dich immer nur in Frauen, die dich nicht wollen, musst du schauen woran das liegt. Chauvinismus ist was ganz anderes...
bloß nicht persönlich werden, ihr bloß nicht sagen, dass sie sympathisch ist, nein so tun, als hätte man kein Interesse, damit sie Interesse hat usw. usf.
Ganz im Gegenteil. Hast du romantisches Interesse an einer Frau, musst du ihr das auch zeigen, sonst landest du in der Friendzone.
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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von Außenseiter »

Videl hat geschrieben: Sonntag 23. Juni 2024, 17:54Das ist Schwachsinn. Beide müssen sich gegenseitig wollen.
...und wie findet man das raus? Denn dann kann ich ganz klar sagen, hat mich halt keine Frau je gewollt. Ist auch nicht verwunderlich.
Videl hat geschrieben: Sonntag 23. Juni 2024, 17:54 Ganz im Gegenteil. Hast du romantisches Interesse an einer Frau, musst du ihr das auch zeigen, sonst landest du in der Friendzone.

Da habe ich aber ganz andere Erfahrungen gemacht. Ihr zu früh sagen, dass man Interesse hat führt entweder zu einem direkten Interessensverlust (wenn jemals welches da war) oder zu Schwindeleien und Gemeinheiten. Zu lange warten, ist genauso schlecht. Es nicht merken auch. Die Frau, die ich vor vielen Jahren mal wirklich geliebt habe hat mir mal gesagt: Frauen sind eben unlogisch und wenn sie sagen, es klappt, dann klappt es halt und so ist das halt. Diskussion (für sie) beendet.
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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von time4change »

ach ja:
daß
Galip hat geschrieben: Sonntag 23. Juni 2024, 12:22... In solchen Gesellschaften ist bzw. war der Single-Anteil deutlich geringer als das heute bei uns der Fall ist.
bezweifle ich!

Wer als mittelloser Knecht oder Magd = als Gesinde auf dem Hof eines anderen zu arbeiten hatte, dem war das Heiraten wohl verwehrt!

Und auch aus besserem Haus wurden Söhne und Töchter, die man nicht unter die Haube bringen konnte, ins Kloster geschickt
--> siehe z.B.
In den rund 400 Jahren seines Bestehens ... Kloster Mönchröden ... Bei den Mönchen handelte es sich zumeist um die nachgeborenen Söhne des Adels.
oder im Falle überzähliger Männer auf Kreuzzüge (oder heute in den Heiligen Krieg) ... es wurden Seeleute benötigt ...
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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von Außenseiter »

time4change hat geschrieben: Sonntag 23. Juni 2024, 18:23 ach ja:
daß
Galip hat geschrieben: Sonntag 23. Juni 2024, 12:22... In solchen Gesellschaften ist bzw. war der Single-Anteil deutlich geringer als das heute bei uns der Fall ist.
bezweifle ich!

Wer als mittelloser Knecht oder Magd = als Gesinde auf dem Hof eines anderen zu arbeiten hatte, dem war das Heiraten wohl verwehrt!

Und auch aus besserem Haus wurden Söhne und Töchter, die man nicht unter die Haube bringen konnte, ins Kloster geschickt
--> siehe z.B.
In den rund 400 Jahren seines Bestehens ... Kloster Mönchröden ... Bei den Mönchen handelte es sich zumeist um die nachgeborenen Söhne des Adels.
oder im Falle überzähliger Männer auf Kreuzzüge (oder heute in den Heiligen Krieg) ... es wurden Seeleute benötigt ...
Ich würde gern was dazu sagen, besonders über die Ausführungen zum Dienstbotenwesen, aber dann heißt es wieder, ich wäre arrogant. Im Kern gehe ich da aber mit, allein schon wegen des demographischen Wandels kann dieser Vergleich mut vergangenen Strukturen keinen Sinn machen.
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Re: Partnersuche in patriarchalischen Strukturen?

Beitrag von Tania »

Außenseiter hat geschrieben: Sonntag 23. Juni 2024, 18:04
Videl hat geschrieben: Sonntag 23. Juni 2024, 17:54Das ist Schwachsinn. Beide müssen sich gegenseitig wollen.
...und wie findet man das raus? Denn dann kann ich ganz klar sagen, hat mich halt keine Frau je gewollt.
Das würde nur so sein, wenn Du wirklich JEDE Frau gewollt hast, die Dir je über den Weg gelaufen ist.
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