time4change hat geschrieben: ↑Sonntag 23. Juni 2024, 12:35
Kann auch ein was HÄTTE ich tun/erreichen müssen sein!
Wenn der Brautvater ein "Alter Herr" in seiner Studentenverbindung ist, dann erwartet er evtl. dass Du seit N Semestern ebenfalls in dieser Verbindung aktiv bist UND dort eine gute Reputation erworben hast UND in der Regelstudienzeit einen guten Abschluss erreichst.
Wenn Du diese Grundvoraussetzungen nicht erfüllst, brauchst Du gar nicht erst zu fragen!
Ja und genauso ist es heute auch noch, nur dass der alte Brautvater jetzt die potentielle Braut direkt ist und man nicht mehr unmittelbar vor Augen hat, dass man nicht infrage kommt, bzw. was die Voraussetzungen sind, um überhaupt in Frage zu kommen. Stattdessen quält man sich durch einen albernen Eiertanz aus Hin und Her, indem der Mann dann irgendwelche Signale aufnehmen muss, aber auch nur von den Frauen, die ihn wollen, nicht die er will, weil er dann ein Chauvinist und ein übler Mensch ist. Nicht zu vergessen, wie komplex man es noch gestalten kann, wenn man den Mund aufmacht, bloß nicht persönlich werden, ihr bloß nicht sagen, dass sie sympathisch ist, nein so tun, als hätte man kein Interesse, damit sie Interesse hat usw. usf. Das meinte Galip auch, denke ich mal.
Nur stellen sich mir zwei Fragen: Einmal: In beiden Fällen wird nach harten Kriterien gesiebt und in beiden Fällen bleiben, unabhängig von der Methode, Menschen übrig, die diese Kriterien nicht erfüllen, richtig? Im Endeffekt zählt nicht die Methode, wie man jemanden kennenlernt, sondern nur der Grad der gesellschaftlichen Anpassung und was man auf diesem Grad alles zu bieten hat (heute z.B. voller Haaransatz, Hygiene, Geld, Engagement für die richtigen Sachen). Ist man möglichst normkonform kriegt man auch, was die Norm für einen bereithält, so der Gedanke. Wie kommen dann aber ganz unnormative Beziehungen zustande, wo sie sich z.B. nach kurzer Zeit toxisch verhält oder er gar Gewalt ausübt. Kann man so viele harte Kriterien auf dem Beziehungsmarkt wirklich vortäuschen, dass man als Frauenschläger im Endeffekt eine "gesunde" und "normgerechte" Beziehung an Land zieht? Und was ist mit den Frauen, die bei solchen Männern bleiben, dann verkehrt? Wissen die nicht, was die richtigen Kriterien sind, um einen guten Mann zu finden?
Zweitens kommen wir also eher weiter, wenn wir uns gleich bei rituellen Standards bedienen, die weitgehend auf Reproduktion derselben sozialen Struktur ausgelegt sind? In China ist das ja glaube noch so, wo die Eltern dann Langzeitsingles irgendwann zu verkuppeln versuchen (sonst bliebe die Familie ja ohne Enkel). Meine Erfahrung dazu ist eher, dass Menschen am authentischsten zueinander sein können, wenn sie zufällig in einer neuen Situation aufeinandertreffen, die ein Protokoll hat. Das wäre dann in etwa so wie bei den Tischsitten der Mafia, wo die falsche Haltung der Weinflasche beim Eingießen durch den Don den anderen Tischmitgliedern signalisiert, welcher Teilnehmer als nächstes stirbt (übertragen natürlich). Wenn man also nicht gezielt Situationen konstruieren will, in denen sich zwei Leute kennenlernen, müsste es dann also nicht doch eine Art Zwangssituation geben, in der sich beide Teilnehmer durch Verstoß gegen das Protokoll ihre Sympathie zeigen können? Wie früher wären das dann bestimmte Stationen im Leben oder gesellschaftliche Anlässe, die jeder Jugendliche zu durchlaufen hatte (, Jugendweihe, Tanz in den Mai, Volksfeste wie Pfingsten, Kirmes oder der obligatorische Tanzabend, Tanzschule etc.)
Was ich geleistet habe, ist nur ein Erfolg des Alleinseins.
(Franz Kafka)