Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Gedanken zum Thema "Absolute Beginner", Erlebnisse und was einem auf dem Herzen liegt
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Aurel
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Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von Aurel »

Ich habe hier im Forum immer wieder an mehreren Stellen wahrgenommen, dass man Probleme, Sorgen, Empfindungen etc. am liebsten alleine mit sich selbst ausmacht, und damit seine Empfindungen i.d.R. nicht ausspricht. Dabei ist immer wieder die Begründung zu hören, man wolle andere Personen nicht mit eigenen Angelegenheiten “belasten“. Warum überhaupt?

Wieso wollt ihr andere Personen nicht mit euren Problemen, Sorgen, Empfindungen „belasten“? Befürchtet ihr etwas?

Wer handhabt das anders?
Was spricht eigentlich dafür, andere mit den eigenen Problemen, Sorgen, Empfindungen zu „belasten“?
Kisuli
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Re: Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von Kisuli »

Für mich ist es eine Sache der Lebenserfahrungen, die ich bisher gemacht habe. Immer wenn ich mich jemandem anvertraut habe, meine Sorgen, Ängste, negativen Gefühle oder Erlebnisse geteilt oder in manchen Fällen durch Weinen zum Ausdruck gebracht habe, wurde ich in letzter Konsequenz alleingelassen. Entweder das Gegenüber hat gar nicht oder nur mit Floskeln reagiert oder war in irgendeiner Form peinlich berührt. Längerfristig haben sich die Betreffenden distanziert, weil es für sie belastend war, mich auf diese Weise zu erleben und sie damit nicht umgehen konnten oder wollten. Insofern bin ich sehr, sehr vorsichtig damit, jemandem persönliche Probleme mitzuteilen. Denn den Mut aufzubringen, sich jemandem anzuvertrauen und dann von den Menschen, von denen man sich Unterstützung oder wenigstens
Verständnis erhofft hatte, enttäuscht und verlassen zu werden, hilft gegen das ursprüngliche Problem leider gar nicht, sondern macht es im Gegenteil noch schlimmer.
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Obelix
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Re: Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von Obelix »

Kisuli hat geschrieben: Donnerstag 18. April 2024, 19:26 Für mich ist es eine Sache der Lebenserfahrungen, die ich bisher gemacht habe.
Meine Lebenserfahrungen sind in dieser Hinsicht gemischt, auch was meine Eltern als Vertrauenspersonen angeht. Mein Vater war zwar immer ein ganz guter Ratgeber in "handfesten" Dingen, aber seelische Probleme und Verletzungen ließ er nicht an sich heran, sondern machte sich im Gegenteil darüber lustig. Mit meiner Mutter konnte ich über so etwas durchaus reden. Nur habe ich das irgendwie erst langsam als Erwachsener begriffen.

Ebenfalls als Erwachsener habe ich hier und da mitbekommen, dass sich manche sehr guten Freunde auch über sehr private Probleme ausgetauscht haben. Halt nicht mit jedem, sondern nur mit guten Freunden. Irgendwann kam ich auch mal in die Rolle der "Vertrauensperson", der manche meiner Freunde ihre Sorgen anvertraut haben. Bis ich mich dann selbst in dieser Weise öffnen konnte, hat es allerdings auch eine ganze Weile gedauert, bzw. bei manchen Themen bin ich damit immer noch sehr zurückhaltend.

Aurel hat geschrieben: Donnerstag 18. April 2024, 18:29 Wieso wollt ihr andere Personen nicht mit euren Problemen, Sorgen, Empfindungen „belasten“? Befürchtet ihr etwas?

Wer handhabt das anders?
Was spricht eigentlich dafür, andere mit den eigenen Problemen, Sorgen, Empfindungen zu „belasten“?
Wie schon gesagt, hängt es stark von der anderen Person ab, ob ich mich "traue", über meine eigenen Probleme etc. zu reden. Auf jeden Fall versuche ich auch ein Gefühl dafür zu entwickeln, bei welcher Person ich wie weit gehen kann, ohne eine unangenehme Reaktion zu bekommen oder das Gefühl zu bekommen, die andere Person über Gebühr zu "belasten".
In der Regel strebe ich da ein ungefähr ausgeglichenes Vertrauensverhältnis an: Je mehr eine andere Person mir von ihren persönlichen Sorgen erzählt, desto eher traue ich mich auch, mich selbst gegenüber dieser Person in dieser Hinsicht zu öffnen. Ich erlebe nämlich durchaus, wie es sich anfühlt, wenn ich von anderen zu viele Sorgen "abbekomme". So kenne ich z.B. eine Person, die ich alle paar Wochen oder Monate mal sehe. Und jedes Mal redet sie dabei fast ununterbrochen über irgendwelche Dinge, die sie belasten: Ihren Rosenkrieg, Ärger mit den Behörden, mit der Familie und was weiß ich nicht alles. Im Grunde weiß ich außer ihren Problemen nur herzlich wenig von ihr. Und was sie dann erzählt, wird mir tatsächlich oft zu viel, so dass ich meistens sogar froh bin, wenn sie nicht auftaucht. Vor diesem Hintergrund bin ich selbst auch eher vorsichtig mit dem Erzählen von eigenen Problemen und Sorgen, weil ich meine Gesprächspartner nicht vergraulen will. Wenn ein gewisses Vertrauensverhältnis da ist, öffne ich mich gerne, aber bis dahin erstmal nur sehr vorsichtig.
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Re: Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von Levyn »

Habe auch sowohl positive als auch negative Erfahrungen damit gemacht. In der Vergangenheit hatte ich ein paar Freunde (zumindest dachte ich, dass sie meine Freunde wären), denen ich mich mit meinen Problemen anvertraut habe, aber die davon gar nichts wissen wollten. Sie hatten keine Lust darüber zu reden und wollten mir auch gar nicht zuhören. Das hat mich schon sehr verletzt und daraufhin, habe ich auch dicht gemacht und geglaubt, dass ich meine Probleme wohl nur selbst lösen könne, da ich und meine Bedürfnisse wohl zu uninteressant für andere Menschen sind.
Habe dann aber durch Glück auch einige Freunde gefunden, die wissen wollten was bei mir gerade abgeht und die mich ausgefragt haben. Obwohl ich eine Mauer aufgebaut hatte, konnte ich mich denen langsam öffnen. Ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, dass ich und meine Gefühle tatsächlich auch von Interesse sind und ich mich damit nicht verstecken muss. Seit dem rede ich gerne über meine Probleme, aber nur mit ausgewählten Leuten von mir. Das tut mir sehr gut und es reicht einfach nur mal das Aussprechen dieser Gefühle. Es wirkt besser als jedes Medikament.
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Settembrini
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Re: Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von Settembrini »

Als junger Mensch machte ich eine verblüffende Erfahrung:

Alle Bekannten und Freunde (so sie denn wirklich welche waren) luden ordentlich ihre Sorgen und Nöte bei mir ab. Besonders in Liebesfragen war ich ein ausgesuchter Zuhörer.

Dann erwischte es mich selber mit 16 / 17 Jahren dermaßen heftig, dass ich glaubte, mich kaum mehr auf den Beinen halten zu können. Es war die mit Abstand größte Form des Liebesgefühls, die ich in meinem Leben jemals erlebt habe. Das wird wohl normal für dieses Alter sein.
Die Bekannten und Freunde (so sie denn welche waren) zeigten indes wenig Interesse. Sie redeten mir „mein“ Mädchen schlecht und meinten, nachdem es selbstverständlich nichts geworden war, dass „die es sowieso nicht wert“ gewesen sei. Kein Wort des Verständnisses, kein Wort des Bedauerns.

Es ist natürlich ausgesprochen kontraproduktiv, wenn man in diesem Alter solche Erfahrungen sammeln muss. Es war generell die Zeit der „dunklen Jahre“, und diese Reaktionen waren Wasser auf den Mühlen meiner Misanthropie. Es hat Jahrzehnte gedauert, bis ich mich wieder einem Menschen öffnen konnte. Insbesondere mein AB-Status habe ich nur einer Frau wieder offenbart. Und diese beendete das zarte Techtelmechtel daraufhin sogleich.

Heute bin ich viel, viel offener damit. Und im Laufe der Zeit erlebte ich zum Teil recht fassungslose Menschen, wenn ich ihnen diese Sache beichtete. Damit hatte ich offenbar ihr Weltbild ziemlich ins Wanken gebracht. Und ja – irgendwie freute mich das!
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Re: Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von relay »

Ich habe in meiner Therapie gelernt das dieses Muster andere mit den eigenen Problemen nicht belasten zu wollen, eine Folge eines mangelnden Selbstwertgefühles sein kann. Man stellt die eigenen Bedürfnisse zurück und misst den (vermeidlichem) Bedürfnis nach Ruhe eines anderen mehr Wert zu. Oft (nicht immer) wird dies bereits im Elternhaus vermittelt.

Ich habe dazu kürzlich ein intressanten Hörbuch gehört. Falls es intressiert: So stärken Sie ihr Selbstwertgefühl von Stefanie Stahl.

Ich kenne das noch in einer ausgeprägteren Form bei mir (auch wenn es sich gebessert hat) ich tue mich schwer damit soziale Kontakte langfristig aufrecht zu erhalten weil ich immer grundsätzlich der Meinung bin ich würde "stören". Also einfach jemanden den ich kenne anschreiben oder anrufen ist für mich eine große Überwindung weil ich ja sowieso der Meinung bin "der/die kann sich ja selbst melden wenn er/sie Zeit hat". Das geschieht dann natürlich sehr selten und so verlaufen die Kontakte mit der Zeit im Sand. Ich glaube es ist wichtig diese innere Mechanik zu verstehen um dies zu durchbrechen.
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Re: Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von RomNey »

Ich kann leider nicht sehen ob ein Mensch hoch sensibel ist.
Und ob ein Mensch gerade dafür überhaupt empfänglich ist.

Gibt bei jedem mal Zeiten da überfordert einen der eigene Kram schon genug.
Denen es dann vielleicht auch schwer fällt zu sagen: ich habe derzeit ganz andere Probleme und kann mich da nicht richtig auf deine einlassen.


Die meisten hat es nach meinem Empfinden aber nicht belastet.
Es hat ein neues anderes Bild von mir gezeichnet, mehr aber auch nicht.
Das ist dann immer etwas zwischen Mitleid und Respekt. Gefühlt meist eher letzteres, weil viele ähnliche oder noch schlimmere scheiße erlebt haben, damit aber nicht so offen umgehen können oder wollen.
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Re: Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von Automobilist »

Zum Einen muß ich sagen, daß es schon immer an Leuten fehlte, mit denen ich hätte private Probleme besprechen können.

Ich gehe davon aus, daß primär die " AB - Problematik " gemeint ist - vor 40 Jahren, als meine Freunde noch lebten, waren sie in einem Alter, in welchem derlei Dinge nichts mehr bedeuten - erfreulicherweise blieb mir aber die Schwafelei über Enkel und Urenkel erspart.

Sie sind aber längst tot; außerdem bin ich der Ansicht, daß es generell ein Zeichen von Schwäche ist, derlei Dinge zu coramieren - und wem hülfe es auch ?

Niemand könnte helfen - oder hätte helfen können.

Man muß die Probleme des Lebens alleine lösen - oder gar nicht.

Von anderen Leuten bekommt man meist ohnehin nur oberflächliches Gerede; cui bono ?

Nur wirklich guten Freunden kann man sich anvertrauen - wer aber hat davon schon mehr als bestenfalls eine Handvoll ?

Otto Reutter's Couplet " Alles wegen de Leut " von 1910 trifft den sprichwörtlichen Nagel auf den Kopf !
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Re: Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von RomNey »

Automobilist hat geschrieben: Freitag 19. April 2024, 09:25 ....

Sie sind aber längst tot; außerdem bin ich der Ansicht, daß es generell ein Zeichen von Schwäche ist, derlei Dinge zu coramieren - und wem hülfe es auch ?

Niemand könnte helfen - oder hätte helfen können.

Man muß die Probleme des Lebens alleine lösen - oder gar nicht.

...
Weiß zwar nicht was coramieren ist, vermute aber mal sich mitzuteilen?
Dann sehe ich das genau als Gegenteil, ich halte es ein Zeichen von Stärke, wenn man offen mit seinen Schwächen umgehen kann.

Und man muß die Probleme des Lebens selbst lösen...
Ja, ne danke, ist auch ungefähr das Gegenteil von dem was mir mein leben gelehrt hat.

Ich wäre wohl immer noch AB... Wäre aber wahrscheinlich schon tot weil ich den Alkohol OHNE Hilfe nicht in den Griff bekommen hätte..
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Aurel
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Re: Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von Aurel »

Automobilist hat geschrieben: Freitag 19. April 2024, 09:25
Ich gehe davon aus, daß primär die " AB - Problematik " gemeint ist - vor 40 Jahren, als meine Freunde noch lebten, waren sie in einem Alter, in welchem derlei Dinge nichts mehr bedeuten - erfreulicherweise blieb mir aber die Schwafelei über Enkel und Urenkel erspart.
Nein, ich meinte nicht primär das Thema AB, sondern Probleme im Leben generell, wobei wohl vieles damit zusammenhängen kann…

Es geht ja auch nicht unbedingt darum, dass andere die eigenen Probleme für einen lösen. Das geht meistens sowieso nicht. Aber andere können ja unterstützen, von praktischer Unterstützung bis dahin, einfach seine Sorgen und Empfindungen auszusprechen, und überhaupt über seine Gefühle zu sprechen. Damit belastet man ja den anderen. Er soll einem zuhören! Haltet ihr das nicht für sinnvoll? Und vor allem, was steht dem im Weg?
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Aurel
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Re: Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von Aurel »

relay hat geschrieben: Freitag 19. April 2024, 09:13 Ich kenne das noch in einer ausgeprägteren Form bei mir (auch wenn es sich gebessert hat) ich tue mich schwer damit soziale Kontakte langfristig aufrecht zu erhalten weil ich immer grundsätzlich der Meinung bin ich würde "stören". Also einfach jemanden den ich kenne anschreiben oder anrufen ist für mich eine große Überwindung weil ich ja sowieso der Meinung bin "der/die kann sich ja selbst melden wenn er/sie Zeit hat". Das geschieht dann natürlich sehr selten und so verlaufen die Kontakte mit der Zeit im Sand. Ich glaube es ist wichtig diese innere Mechanik zu verstehen um dies zu durchbrechen.
Neben der „inneren Mechanik“, hinsichtlich des Selbstwertes, ist es außerdem wichtig zu verstehen, dass andere Personen dir immer selbst sagen können und sagen müssen(!), wenn du sie „störst“ oder (über-)belastet, und daraufhin kannst du dein Verhalten anpassen. Du kannst zurecht erwarten, dass der andere dir das sagt, denn er kann nicht erwarten, dass du sein Befinden vorhersehen kannst. Aber es ist auch nicht schlimm jemanden mal zu „stören“, oder zu belasten. Das steht dir zu! Schließlich „stören“ andere dich doch auch. Aber an diesem Punkt kommt vermutlich deine Selbstwertproblematik ins Spiel.

Ich persönlich mache es sogar umgekehrt: wenn andere an meinem Leben teilhaben (wollen), egal ob in Partnerschaft, Freundschaft , oder gar auf der Arbeit, dann erwarte ich, dass ich sie auch mal „stören“ darf, und dass ich sie mal mit meinen Problemen belästigen und belasten darf. Und wenn es zu viel wird, erwarte ich, dass sie mir das sagen! Auch das sage ich ihnen! Und daraufhin passe ich mein Verhalten an.

Außerdem: Wenn Menschen an meinem Leben teilhaben, heißt das, dass sie eben nicht nur an den „rosigen“ Zeiten, sondern auch an den „dunklen“ Zeiten teilhaben. Das ist eine legitime Erwartung, und kann aber mit vielen Enttäuschungen einhergehen. Denn das große Problem ist, dass viele es eben gerade nicht sagen, wenn man sie „überbelastet“ oder (wiederholt) stört. Stattdessen ändern sie ihr Verhalten und entziehen sich einem. Aber genau darüber kann man ja auch (präventiv) in Freundschaften sprechen, und in der Partnerschaft sowieso. Es gilt die eigenen Erwartungen zu artikulieren, was beinhaltet, dass der andere mir sagen soll, wenn etwas nicht stimmt, er sich gestört oder überlastet fühlt. Denn auch das sind legitime Erwartungen und nur so können zwischenmenschliche Beziehungen funktionieren. Doch das größte Problem ist, das Erwartungen, egal wie „legitim“ sie sind, oftmals nicht erfüllt werden. Aber wegen dieser Tatsache sollte man sein Verhalten oder seine legitimen Erwartungen nicht ändern, sondern sie artikulieren… schon gar nicht sollte man deswegen sich mit seinen eigenen Sorgen zurückziehen.

Ich weiß, das ist leichter gesagt als getan. Verglichen mit dem was andere hier in diesem thread an Enttäuschungen von „Freunden“ etc. erlebt haben, waren meine Bedingungen im Leben um Probleme, Sorgen und Nöte auszusprechen, gut. Ich habe immer jemanden gehabt, der mir zugehört hat. Der haken ist aber, dass ich diese Bedingungen auch hatte, weil ich sie eingefordert und explizit gesagt habe! Doch der wesentliche Punkt ist, dass mir dieses Einfordern gar nicht immer bewusst ist/war, es geschieht nämlich bereits durch das (nonverbale) Auftreten in sozialen Beziehungen im Generellen. Genauso geschieht auch ein Nicht-Einfordern durch ein(nonverbales) Auftreten innerhalb von sozialen Beziehungen. Aber wenn man ein entsprechendes Auftreten nicht gelernt hat, dass man Einfordern darf, insbesondere im Elternhaus, muss man dies häufig mühsam in Therapien nachholen. Das Thema Selbstwert und selbstsicheres Auftreten ist hier oftmals wesentlich.

Ich will hier mit meinen Ausführungen nur aufzeigen: Es geht auch ANDERS!!!

Ein anderes Thema ist noch wie man mit enttäuschten Erwartungen umgeht, oder konkreter, wie man mit den Menschen umgeht, die einen enttäuschen, denn einfordern kann man immer, und das kann wirken!

Ich kann mir vorstellen, dass das wie ich hier spreche, für manche von euch „befremdlich“ erscheint…. Aber es geht eben auch ANDERS!!! Wie konkret im Detail es anders geht, lässt sich so allgemein wie ich hier schreibe jetzt nicht ausführen.
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Re: Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von Aurel »

Was haltet ihr von dem was ich geschrieben habe? Wie empfindet ihr das?
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Re: Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von Settembrini »

Ich vermute einmal, dass ich verstehe, was Du mit Deinem Essay aussagen möchtest. Insofern bitte ich, die folgenden Überlegungen zwar als Gegenargumente, nicht aber als Kritikpunkte am Text an sich zu begreifen.

Natürlich geht es ANDERS. Ich glaube, dass ist hier jedem auch durchaus bewusst. Dieses „es geht auch anders“ ist ein stetes Argument im Voluntarismus; man muss nur wollen, dann geht es auch.

Dies ist die Theorie, und sie ist für mich auch unzweifelhaft wahr. Die Praxis hingegen ist in Deinen Ausführungen unter der Vergangenheit und den Erfahrungen des Jeweiligen angesiedelt. Sie hat Macht über uns. In einer guten Therapie kann man sich diesen Ursachen gewiss stellen und versuchen, dagegen zu arbeiten. Doch auch das wäre wieder theoretisch, denn viele sind ohne diese guten Therapie durch das Leben gezogen und andere wiederum konnten keine solche für sich finden. Eine gute Therapie ist wie ein Treffer im Lotto.

Es erinnert mich an die psychologische Feststellung, dass das Opfer einer Gewalttat eine gewisse Mitschuld an der Sache trägt, da es die Signale des Opfers an den Täter ausstrahlte. Denn wir Menschen sind im Grunde alle Tiere mit einem (angeblich) besseren Hirn als andere Spezies.
Die Unterschiede im Menschsein ist aber das, was das Menschsein ausmacht. Es ist ganz einfach in der Praxis nicht möglich, dass jeder es selbst in der Hand hat, das zu erreichen, was er erreichen möchte. Sonst würde es von Superhelden, Nobelpreisträgern und Diktatoren nur so wimmeln. Es kann ganz einfach nicht jeder alles können. Und gerade im Mitmenschlichen ist eine Veränderung unsagbar schwer, weil sie die Wurzeln unseres Ichs betreffen.

Dies ist sicher losgelöst vom Versuch zu betrachten, doch ein Verständnis für das Verzagen, bevor dieser Versuch gestartet wurde, bleibt bei mir. Obwohl ich ganz bestimmte Veränderungen für mich zum Glück habe erleben dürfen.
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Tania
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Re: Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von Tania »

Aurel hat geschrieben: Samstag 20. April 2024, 03:17 Was haltet ihr von dem was ich geschrieben habe? Wie empfindet ihr das?
Ich finde es schön für Dich, dass Du da einen Weg gefunden hast, der für Dich gut funktioniert. Und gehe erst einmal optimistisch davon aus, dass Du diesen Text geschrieben hast, um dem einen oder anderen Mut zu machen, mal aus seinem Schneckenhaus zu kommen und sich anderen Menschen zu öffnen. Und dass nicht als nächstes ein Text in Richtung "Ich hab zu dem Thema ein Buch geschrieben / Coachingprogramm entwickelt, dass ich euch gern empfehlen möchte." folgt ;)

Allerdings - in eine Gruppe von Menschen mit sozialen Schwierigkeiten zu gehen und dann zu sagen "Also, bei mir läuft das viel besser, und dazu musste ich gar nicht viel tun" ist eine Gratwanderung. Und kann gerade im schriftlichen Bereich schnell missverstanden werden. Meine emotionale Reaktion war jedenfalls "Ja, toll für Dich, dass Du so gute Erfahrungen gemacht hast. Meine sehen leider etwas durchwachsener aus - soll ich mich jetzt mit Dir vergleichen und mich minderwertig fühlen?" Und auch wenn Du jetzt schreibst, dass das gar nicht Deine Absicht war, und ich Dir das auch glaube - das Gefühl ist trotzdem entstanden.
Alle unsere Streitereien entstehen daraus, dass einer dem anderen seine Meinung aufzwingen will. (Mahatma Gandhi)
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Re: Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von Aurel »

Tania hat geschrieben: Samstag 20. April 2024, 10:47
Aurel hat geschrieben: Samstag 20. April 2024, 03:17 Was haltet ihr von dem was ich geschrieben habe? Wie empfindet ihr das?
Ich finde es schön für Dich, dass Du da einen Weg gefunden hast, der für Dich gut funktioniert. Und gehe erst einmal optimistisch davon aus, dass Du diesen Text geschrieben hast, um dem einen oder anderen Mut zu machen, mal aus seinem Schneckenhaus zu kommen und sich anderen Menschen zu öffnen. Und dass nicht als nächstes ein Text in Richtung "Ich hab zu dem Thema ein Buch geschrieben / Coachingprogramm entwickelt, dass ich euch gern empfehlen möchte." folgt ;)

Allerdings - in eine Gruppe von Menschen mit sozialen Schwierigkeiten zu gehen und dann zu sagen "Also, bei mir läuft das viel besser, und dazu musste ich gar nicht viel tun" ist eine Gratwanderung. Und kann gerade im schriftlichen Bereich schnell missverstanden werden. Meine emotionale Reaktion war jedenfalls "Ja, toll für Dich, dass Du so gute Erfahrungen gemacht hast. Meine sehen leider etwas durchwachsener aus - soll ich mich jetzt mit Dir vergleichen und mich minderwertig fühlen?" Und auch wenn Du jetzt schreibst, dass das gar nicht Deine Absicht war, und ich Dir das auch glaube - das Gefühl ist trotzdem entstanden.
Ich glaub ich verstehe langsam. Meine eigene Realität/Vergangenheit erscheint zu weit entfernt von der anderer Forumsteilnehmer. Was ich versucht habe aufzuzeigen, nämlich, was man legitim erwarten kann von anderen, wie man sich selbst entlasten kann, wovor man sich nicht abschrecken lassen sollte, und wie man vorgehen kann, und vor allem, dass man nicht so hilflos ausgeliefert sein muss, alles mit sich alleine ausmachen zu müssen, erscheint zu weit weg von gefühlten und womöglich faktischen Realitäten im Forum, wodurch meine Ausführungen/Erfahrungen nicht als positiv oder neutral gesehen werden dürften, sondern eher als negativ. Das was ich geschrieben habe, erscheint als sinnlos und inhaltsleer für Realitäten und die Bewältigung von Realitäten von ABs. Oder vielleicht als "belehrend". Es erscheint sogar soweit sinnlos, dass man eher zu "Aufwärtsvergleichen" neigen dürfte, und sich dabei eher schlecht fühlt. Das ist keineswegs das, was ich beabsichtigt habe.

Ich wollte sogar aufzeigen, in einer Folgediskussion, dass meine Vorgehensweisen keineswegs nur positiv sind, sondern an anderer Stelle negative Folgen haben können, nämlich im Umgang mit früheren Verletzungen, und im Umgang mit sich selbst. Von anderen etwas zu fordern und Erwartungen zu stellen und durchzusetzen, kann nämlich narzistische Aspekte beinhalten, besonders wenn dies unbewusst über ein dominantes Auftreten erfolgt, was einen Mangel an Selbstwert bedeuten kann. Wer viel von anderen erwartet, erwartet tendenziell noch mehr von sich selbst, und schnell zu viel. Die Geschichte geht eigentlich noch viel weiter...Aber natürlich stellt sich hier schon wieder die Frage, was für einen Sinn hat das was ich hier schreibe überhaupt im und für das Forum. Ich weiß es nicht. Ich habe absolut keine Ahnung. Ich merke gerade, wie dieses Shreiben einerseits gut ist, aber mich auch runterzieht. Aber es ist wichtig. Jedenfalls habe ich al das in meinem Text zu offen und unkonkret gelassen, worauf ich hinaus wollte. Und ich habe es nicht geschafft, dies alles über die Art der Kommunikation bzw. des Schreibens zu kompensieren, wahrscheinlich, weil ich mir über meine "Realitätsferne" in Hinblick auf die Realitäten ander Forumsteilnehmer zu wenig bewusst war/bin. Dies passt ins Bild, weil mir an anderer Stelle schon "abgesprochen" wurde, ein AB gewesen und Ex-AB zu sein, sondern ein "Spätsünder".

Um das "Recht" zu haben, sich als AB bzw. Ex-AB zu sehen, zählt nicht das eigene Empfinden in der Vergangenheit, und das eigene Empfinden der Erinnerungen an die Vergangenheit, die bei mir in verschiedenen Formen bis heute "nachhallen", sondern es zählen objektive(!) Kriterien, quasi wie "Zugehörigkeitskriterien", in meinem vorliegenden Fall die vergleichsweise kurze Dauer meiner objektiven(!) "AB-Zeit" von drei bis vier Jahren. Man ist ein objektivierter(!) "Störfaktor". Die eigenen Gefühle werden einem abgesprochen. Aber auch das ist Ausdruck von mehr als in diesem Forum. Das Empfinden passt sogar zu meinem Widerstand bzw. "Aufruf" zu einem "Kreuzzug" gegen das "Objektivieren"(!) des AB-Seins in einem anderen Thread, was ich überspitzt als den "perfekten AB" bezeichnet habe. Es ging gar nicht gegen den betreffenden Forumsteilnehmer, sondern gegen das Bestreben nach einer Objektivierung(!) des Menschen, und letztendlich auch von mir. Genauso die Art und Weise in Form eines "proaktiven Aufrufs" ist passend. Das eigene Verhalten in verschiedenen Threads ist sehr interessant. Überkreuzungen sagen viel aus, und sind Ausdruck von mehr als es erscheint. Letztendlich ist all das auch Ausdruck, dass ich die (gefühlten) Realitäten im Forum wohl nicht bzw. zu wenig nachvollziehen kann. Auch diese Überkreuzung erscheint daraufhin plausibel. Es ergibt alles Sinn. Vielleicht ist das mein persönlicher und individueller Sinn des Ganzen von diesem thread. Irgendwie scheine ich aber noch auf der Suche zu sein. Ich weiß, aus Sicht von Realitäten von ABs erscheint dies wohl als "Luxusproblem" eines "Spatsünders". Denn es werden ja Vergleiche gezogen. Und ich weiß, wenn ich hier am Computer gleich fertig bin, gehe ich zu meiner Frau, und sie wird mir ansehen, dass etwas nicht stimmt und für mich da sein. Aber das eigene "Glück" hat immer zwei Seiten. Das sieht man ja. Aber auch das kenne ich von woanders im Leben. Doch ich werde mich auf keinen Fall "schämen" oder "entschuldigen" für mein Glück! Das habe ich nie, und werde ich niemals!!! Da ist er wieder, mein Widerstand, und indirekt mein "forderndes Wesen", was damit korreliert!!! Doch das ist nicht immer positiv, vor allem nicht für mich selbst!!!!! Eigentlich wollte ich auch gerade das zeigen und vielleicht sogar "loswerden", aber das habe ich ja auch jetzt, zumindest im Groben, wenn auch anders als gedacht...
Danke an alle...
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Re: Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von Tania »

Aurel hat geschrieben: Samstag 20. April 2024, 21:34 Ich glaub ich verstehe langsam. Meine eigene Realität/Vergangenheit erscheint zu weit entfernt von der anderer Forumsteilnehmer. Was ich versucht habe aufzuzeigen, nämlich, was man legitim erwarten kann von anderen, wie man sich selbst entlasten kann, wovor man sich nicht abschrecken lassen sollte, und wie man vorgehen kann, und vor allem, dass man nicht so hilflos ausgeliefert sein muss, alles mit sich alleine ausmachen zu müssen, erscheint zu weit weg von gefühlten und womöglich faktischen Realitäten im Forum, wodurch meine Ausführungen/Erfahrungen nicht als positiv oder neutral gesehen werden dürften, sondern eher als negativ. Das was ich geschrieben habe, erscheint als sinnlos und inhaltsleer für Realitäten und die Bewältigung von Realitäten von ABs. Oder vielleicht als "belehrend". Es erscheint sogar soweit sinnlos, dass man eher zu "Aufwärtsvergleichen" neigen dürfte, und sich dabei eher schlecht fühlt.
Nicht "man". Aber auf einige Leute hier dürfte das zutreffen. Andere finden es vielleicht hilfreich. Das ist eben das Problem in Foren: man weiß nie, wer das liest, was man schreibt. Du antwortest hier ja nicht auf eine Frage eines konkreten Nutzers, sondern Du hast beschlossen, aus Deinem Leben zu erzählen. Da liegt natürlich die Frage nahe: warum schreibst Du das eigentlich? Und warum gerade hier? Und für mich ist diese Frage immer noch nicht klar. Für Dich anscheinend auch nicht, wenn ich diese Sätze richtig verstehe:
Aber natürlich stellt sich hier schon wieder die Frage, was für einen Sinn hat das was ich hier schreibe überhaupt im und für das Forum. Ich weiß es nicht. Ich habe absolut keine Ahnung. Ich merke gerade, wie dieses Shreiben einerseits gut ist, aber mich auch runterzieht. Aber es ist wichtig.
Für wen ist es wichtig? Für Dich? Und wenn ja, warum?
...weil mir an anderer Stelle schon "abgesprochen" wurde, ein AB gewesen und Ex-AB zu sein, sondern ein "Spätsünder".
"Spätsünder" ist eine schöne Schreibweise :mrgreen:

Du bist seit fast 20 Jahren Ex-AB und in einer glücklichen Beziehung. Das ist tatsächlich weit weit weg von der Realität der meisten Nutzer hier. Und wenn Du jetzt hierher kommst, um vielleicht (???) Deine AB-Vergangenheit aufzuarbeiten, dann ist Dir wahrscheinlich bewusst, dass es nicht viele Nutzer gibt, die in derselben Situation sind - aber dafür einige, die seit Jahrzehnten in der Situation stecken, die Du wenige Jahre erlebt hast und rückblickend immer noch als sehr belastend empfindest.

Wenn es Dir etwas bringt, Dich hier zu Deiner AB-Vergangenheit zu äußern, und darüber zu reflektieren, wie Du sie überwunden hast, ist das toll. Aber wenn es Dich interessiert, wie das, was Du schreibst, bei anderen Nutzern ankommt, dann rechne bitte damit, dass es für einige auch triggernd oder verletzend sein könnte. Deswegen gibt es hier ja z.B. den Bereich "Erste Beziehung", den Menschen, die es gerade nicht ertragen können, glückliche Paare zu sehen oder von ihnen zu lesen, ausblenden können.

Und selbst da würde ich mich bei Sätzen wie
...wenn ich hier am Computer gleich fertig bin, gehe ich zu meiner Frau, und sie wird mir ansehen, dass etwas nicht stimmt und für mich da sein.
fragen: warum musste er das jetzt unbedingt erwähnen?
Aurel hat geschrieben: Samstag 20. April 2024, 21:34 Doch ich werde mich auf keinen Fall "schämen" oder "entschuldigen" für mein Glück! Das habe ich nie, und werde ich niemals!!!
Es gibt einen ziemlich großen Unterschied zwischen "sich für sein Glück schämen" und "es anderen demonstrativ unter die Nase reiben". Wärst Du z.B. aus irgendeinem Grund Gast bei einer Adipositas-Selbsthilfegruppe, würde auch niemand erwarten, dass Du dort einen Fat-Suit trägst oder extra weite Klamotten. Aber es wäre schon nett, wenn Du nicht die ganze Zeit Chips futtern und davon erzählen würdest, dass Du ja auch mal 3kg zu viel gewogen hattest, aber jetzt dank Deiner guten Gene essen kannst was Du willst ....
Alle unsere Streitereien entstehen daraus, dass einer dem anderen seine Meinung aufzwingen will. (Mahatma Gandhi)
relay
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Re: Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von relay »

Lieber Aurel,

also ich fand deinen Beitrag (den du ja als Antwort auf meinen geschrieben hast) schon sehr hilfreich. Das man in diesem Forum sehr aufpassen muss was man sagt habe ich auch schon festgestellt. Manchmal habe ich das Gefühl viele hier haben einfach völlig resigniert. Ich habe auch solche Phasen, gerade jetzt Sonntag morgen, es regnet, ich bin allein und habe eigentlich heute nichts mehr zu tun. Da drückt die Einsamkeit ganz heftig aufs Gemüt. Körperlich spürbar. Da ist der Gedanke ob es den jemals etwas wird schon belastend präsent. Aber ich weiß auch, früher wäre das einfach ein ganz normaler Sonntag wie jeder andere auch gewesen, belastend empfinde ich diesen heute nur weil ich es geschafft habe aus meinem ungesunden Schema der Einsamkeit etwas auszubrechen.

Aber ich möchte halt auch noch grundsätzlich etwas an meiner Situation ändern. Deshalb Danke für deine einsichten Aurel, weil du ja auch in dem was du schreibst völlig richtig liegst.

Ich bin selbst gerade dabei herauszufinden wie das alles richtig geht mit den sozialen Kontakten. Ein wenig Stolz bin ich darauf das ich mit jemanden mit dem ich ein paarmal ausging (und meinerseits emotional involviert war) tatsächlich noch in regelmäßigen Kontakt bin ohne mich bei jeder Nachricht zu fragen "stör ich den jetzt". Er ist da wohl irgendwie zu meinem "Versuchskaninchen" geworden.
Die romantischen Gefühle für ihn sind verflogen, aber freundschaftliche sind da. Wir schreiben uns unregelmäßig manchmal recht oft an einem Tag manchmal auch eine Woche auch gar nicht. Wenn ich ihm nach ein paar Tagen ohne Kontakt ein kurzes "Wie geht's" schreibe oder ne Sprachnachricht schicke und die Antwort kommt erst einen Tag später macht mir das wirklich gar nichts aus (ohne sofort in meine "übliche" Gedankenspirale zu verfallen was ich den falsch gemacht habe), ich antworte ihm ja auch nicht innerhalb Sekunden wenn er mir schreibt. Und tatsächlich habe ich ihn auch schon mal mit "relativ" banalen Problemen "belästigt", so wie er auch mich.

Ich denke das ist eine gute Mischung. Im Grunde ja nichts anderes wie Verhaltenstherapie wo man versucht Ängste abzubauen.
Reinhard
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Re: Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von Reinhard »

Aurel hat geschrieben: Donnerstag 18. April 2024, 18:29 (...) andere Personen nicht mit eigenen Angelegenheiten “belasten“. Warum überhaupt?

Ich weiß das auch nicht so genau. Das muss ich für mich selbst noch herausfinden, insofern ist das eine gute Fragestellung.


Nun zu den Antworten, woran das möglicherweise liegen könnte ... :gruebel:


Vielleicht habe ich als Kind ein paar mal zu oft gehört "du bist doch intelligent und schaffst das auch alleine". Vielleicht auch ohne die letzten beiden Worte, weiß ich nicht mehr. Klar hält das andere Kinder -- und damit andere Erwachsene -- nicht davon ab, sich doch Hilfe zu suchen oder einfach von ihren Problemen zu erzählen, wer immer grad in der Nähe ist. Das muss dann noch auf einen Ehrgeiz oder Eigenwilligkeit treffen, um es tatsächlich alleine schaffen zu wollen. Es ist auch heute noch so, dass ich mir lieber selber etwas erarbeite anstatt jemanden zu fragen, der sich damit auskennt.

Ein bisschen "Mittleres-Kind-Syndrom" ist auch mit dabei, auch wenn mein jüngeres Geschwister schon etwas Altersabstand hat.


Anderer Erkläransatz: ich empfinde das als viel Arbeit und mühsam, sich auch noch mit den Problemen anderer Menschen auseinandersetzen zu müssen. Diese Arbeit will ich dann natürlich nicht anderen aufhalsen. Das gehört sich nicht seine Probleme von anderen lösen zu lassen. (Wo wiederum diese Einstellung herkommt, weiß ich auch nicht.) Aber das ist vielleicht auch eine Erfahrungssache, wenn man jemand hat, dessen Probleme man gerne löst (oder beiträgt oder auch nur anhört), so dass es sich nicht mehr als Arbeit anfühlt, dann kommt man auch leichter darauf, dass der andere sogar die eigenen Probleme anhören will.

Da steckt man als AB dann in einem Teufelskreis ...



Und das folgende Zitat trifft es auch sehr gut (spart mir das Selberschreiben):
Ich kenne das noch in einer ausgeprägteren Form bei mir (auch wenn es sich gebessert hat) ich tue mich schwer damit soziale Kontakte langfristig aufrecht zu erhalten weil ich immer grundsätzlich der Meinung bin ich würde "stören". Also einfach jemanden den ich kenne anschreiben oder anrufen ist für mich eine große Überwindung weil ich ja sowieso der Meinung bin "der/die kann sich ja selbst melden wenn er/sie Zeit hat". Das geschieht dann natürlich sehr selten und so verlaufen die Kontakte mit der Zeit im Sand. Ich glaube es ist wichtig diese innere Mechanik zu verstehen um dies zu durchbrechen.
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Re: Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von Egil »

Reinhard hat geschrieben: Sonntag 21. April 2024, 19:39
Aurel hat geschrieben: Donnerstag 18. April 2024, 18:29 (...) andere Personen nicht mit eigenen Angelegenheiten “belasten“. Warum überhaupt?

Ich weiß das auch nicht so genau. Das muss ich für mich selbst noch herausfinden, insofern ist das eine gute Fragestellung.


Nun zu den Antworten, woran das möglicherweise liegen könnte ... :gruebel:


Vielleicht habe ich als Kind ein paar mal zu oft gehört "du bist doch intelligent und schaffst das auch alleine". Vielleicht auch ohne die letzten beiden Worte, weiß ich nicht mehr. Klar hält das andere Kinder -- und damit andere Erwachsene -- nicht davon ab, sich doch Hilfe zu suchen oder einfach von ihren Problemen zu erzählen, wer immer grad in der Nähe ist. Das muss dann noch auf einen Ehrgeiz oder Eigenwilligkeit treffen, um es tatsächlich alleine schaffen zu wollen. Es ist auch heute noch so, dass ich mir lieber selber etwas erarbeite anstatt jemanden zu fragen, der sich damit auskennt.

Ein bisschen "Mittleres-Kind-Syndrom" ist auch mit dabei, auch wenn mein jüngeres Geschwister schon etwas Altersabstand hat.


Anderer Erkläransatz: ich empfinde das als viel Arbeit und mühsam, sich auch noch mit den Problemen anderer Menschen auseinandersetzen zu müssen. Diese Arbeit will ich dann natürlich nicht anderen aufhalsen. Das gehört sich nicht seine Probleme von anderen lösen zu lassen. (Wo wiederum diese Einstellung herkommt, weiß ich auch nicht.) Aber das ist vielleicht auch eine Erfahrungssache, wenn man jemand hat, dessen Probleme man gerne löst (oder beiträgt oder auch nur anhört), so dass es sich nicht mehr als Arbeit anfühlt, dann kommt man auch leichter darauf, dass der andere sogar die eigenen Probleme anhören will.

Da steckt man als AB dann in einem Teufelskreis ...



Und das folgende Zitat trifft es auch sehr gut (spart mir das Selberschreiben):
Ich kenne das noch in einer ausgeprägteren Form bei mir (auch wenn es sich gebessert hat) ich tue mich schwer damit soziale Kontakte langfristig aufrecht zu erhalten weil ich immer grundsätzlich der Meinung bin ich würde "stören". Also einfach jemanden den ich kenne anschreiben oder anrufen ist für mich eine große Überwindung weil ich ja sowieso der Meinung bin "der/die kann sich ja selbst melden wenn er/sie Zeit hat". Das geschieht dann natürlich sehr selten und so verlaufen die Kontakte mit der Zeit im Sand. Ich glaube es ist wichtig diese innere Mechanik zu verstehen um dies zu durchbrechen.
Ich bin zwar kein mittleres Kind, aber ansonsten... ja, genau so.
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- Karat, "Der blaue Planet "
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Re: Andere mit eigenen Problemen (nicht) belasten -> Warum?

Beitrag von Ampersand »

Aurel hat geschrieben: Donnerstag 18. April 2024, 18:29 Ich habe hier im Forum immer wieder an mehreren Stellen wahrgenommen, dass man Probleme, Sorgen, Empfindungen etc. am liebsten alleine mit sich selbst ausmacht, und damit seine Empfindungen i.d.R. nicht ausspricht. Dabei ist immer wieder die Begründung zu hören, man wolle andere Personen nicht mit eigenen Angelegenheiten “belasten“. Warum überhaupt?

Wieso wollt ihr andere Personen nicht mit euren Problemen, Sorgen, Empfindungen „belasten“? Befürchtet ihr etwas?

Wer handhabt das anders?
Was spricht eigentlich dafür, andere mit den eigenen Problemen, Sorgen, Empfindungen zu „belasten“?
Kommt halt drauf an, was Ziel und Zweck der eigenen sozialen Beziehungen sind. Das Leben soll ja eigentlich Spaß machen und regelmäßige Problemgespräche über schwierige psychische und soziale Themen sind halt durchaus anstrengend. Da muss man schon schauen, dass man das angemessen dosiert und nicht die eigene knapp bemessene Freizeit sowie die des eigenen Umfelds zu sehr mit solchen Gesprächen überfrachtet. Im Idealfall hat man ja auch nicht ständig Probleme und Sorgen und ist meistens (zumindest halbwegs) zufrieden.
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