Godyy hat geschrieben: ↑Mittwoch 13. März 2024, 15:39
Settembrini hat geschrieben: ↑Mittwoch 13. März 2024, 12:32
„Das ist alles richtig. Aber es interessiert auch niemanden, wann und ob ich überhaupt aufstehe. Es ist niemandem wichtig, ob ich etwas schön oder weniger schön an diesem Urlaubstag empfunden habe. Es lobt mich niemand ob meiner Kochkünste. Ich erhalte niemals einen Gute-Nacht-Kuss. Kein Mensch findet es wichtig, ob ich einen Ausflug interessant fand.“
Schweigend sahen wir uns beide an. Und lächelten damals zur gleichen Zeit.
Mir aus der Seele gesprochen.
Ich würde noch ergänzen, das Gefühl, irgendwie gebraucht zu werden, was nicht mit Arbeitsplatz zu tun hat.
Für etwas Verantwortung tragen, was nicht nur ich selber bin.
Für jemanden wichtig zu sein, aber auf eine andere Art wie bei Familienangehörigen.
Das Leben fühlt sich ohne das ganze irgendwie beliebig an.
Vielleicht würde ich anders denken, wenn ich die berufliche Erfüllung erlebt hätte und nicht einfach etwas arbeiten würde, weil nun mal alles Geld kostet.
Ich finde diese Aussagen sind schon sehr nah dran, um aufzuzeigen was für vermeintliche Kleinigkeiten die Liebe ausmachen. Schlagworte sind: Lob, Interesse, Wichtigsein, Sinnhaftigkeit des Lebens und Sinnhaftigkeit von sich selbst, auch gebraucht werden und Verantwortung für andere fällt unter Sinnhaftigkeit. Allgemein sind es Formen von Wertschätzung, würde ich sagen. Jetzt könnte man wieder sagen, dass man all das doch auch von Freunden bekommen kann, und Sex kann man ja sogar auch in F+ oder anderswo haben. Ich würde übrigens nicht abstreiten, dass auch Freundschaft eine Form von Liebe ist. Aber all das kommt nicht an partnerschaftliche Liebe ran. Gerade die Tatsache, dass man all die „Kleinigkeiten“, die meine beiden Vorredner angesprochen haben, ja als Kleinigkeit bezeichnen kann, aber offensichtlich doch so groß und wirkungsmächtig sind, sagt ja gerade aus, dass partnerschaftliche Liebe mehr ist, als es nach rationalen Kriterien (Thema Kleinigkeiten) erscheint.
Liebe lässt sich nicht rational erklären, wie man es oftmals versucht. Ja, sie lässt sich vollends nicht mal in Worte fassen. Verbale Sprache ist dafür zu grob. Und Liebe ist nicht nur individuell und subjektiv, und gerade nicht objektiv/rational. Sondern sie ist etwas mystisches, etwas geheimnisvolles, etwas fiktives, etwas undurchschaubares, etwas das nicht greifbar ist, etwas das sich jeglicher rationalen Erklärung entzieht, ja das sich jeglicher Kontrolle entzieht, aber sie ist da, doch sie ist und verlangt als Mythos den Glauben daran, den das ist sie, und wer nicht daran glaubt, kann sie auch nicht erfahren, selbst wenn er in einer Beziehung ist. Aber wenn man daran glaubt, dann ist sie allgegenwärtig, sie ist überall, sie ist jederzeit, sie ist losgelöst von Raum und Zeit, sie hat kein Ende, du kannst ihr gar nicht entkommen. Sie verfolgt dich, und lässt dich nicht los, egal wo und wann. Und Liebe entzieht sich sogar Erwartungen und Wünschen, vielmehr überrascht sie dich immer wieder, und übersteigt und entzieht sich (vorgefassten) Erwartungen/Meinungen/Erklärungen, sie überrascht im negativen wie im positiven Sinne deines Empfindens. Die Erwartungen trifft sie nie. Denn Liebe ist individuell und ist immer anders und verändernd. Denn jeder Mensch ist anders. Und der Mensch ist ein liebendes Wesen. Er ist nicht nur ein bedürftiges Wesen, das nimmt, sondern das gibt! Aber all das macht es ja so spannend und verlockend. Doch dafür muss man hinschauen, und immer wieder hinschauen! Und dafür muss man glauben!
Und Sex und sexuelle Anziehung, das ist greifbar und rational erklärbar, denn das ist körperlich und physisch. Das kannst du anfassen, und es ist an Raum und Zeit gebunden. Im Vergleich zur liebe hat Sex sogar etwas gewöhnliches, egal wie abwechslungsreich man sie gestaltet. Erst die Liebe macht Sex außergewöhnlich und überraschend. Ein Blick - auch während dem Sex - kann außergewöhnlicher, überraschender und sogar intensiver sein als ein Orgasmus. Doch das ist nicht rational erklärbar, und man kann es nicht erwarten, oder vorhersagen, denn ein Blick ist ja gerade überraschend. Ein Orgasmus ist im Vergleich dazu weitaus vorhersehbarer. Das ist die Abgrenzung zu Liebe. Eben das nicht greifbare und mystische.
Natürlich ist all das eine andere Erkenntnisebene, aber nur so kann man es m.E. ansatzweise verstehen. Und all das beschreibt lediglich das, was meine Vorredner anhand der aufgezeigten „Kleinigkeiten“ so schlüssig ausdrücken. Gerade deswegen sind diese „Kleinigkeiten“ ja so wichtig. Vielleicht kann das dem ein oder anderen etwas bringen…Aber natürlich ist es wichtig über konkrete Erwartungen und Hoffnungen zu sprechen. Denn das gehört ja zum Glauben, sonst würde man ja nicht darüber sprechen wollen. Wer nicht glaubt, der stellt auch keine Fragen nach Erwartungen.