Sich nicht aufdrängen wollen

[Tabeo]

Wenn ich neue Leute kennen lerne, möchte ich nicht aufdringlich sein. Dadurch bin ich defensiv und traue mich auch nicht nach weiteren Kontaktdaten zu fragen. Das wiederum suggeriert meinem Gegenüber vielleicht, dass ich kein Interesse habe.
Für dieses Problem habe ich keine Lösung parat. Ich habe oftmals das Gefühl das andere keinen Bock auf mich haben, aber ist das so? Gehört zum Kennenlernen eine gewisse Ignoranz dazu?

[Pocolino]

Ich glaube, eigentlich weißt du längst die Lösung. Trotz der Zweifel machen. Und mit der Zeit hast die Sorge dann wahrscheinlich abgelegt. Es gibt keine Abkürzung an der Sorge /dem Zweifel vorbei.

[Egil]

Yeah, kenne ich. Ging mir sogar noch in meiner Beziehung so.

[Settembrini]

Ebendies ist oft ein Problem von introvertierten, verunsicherten Menschen. Die Rezeptur zur Lösung ist abhängig von der einzelnen Person. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das Erkennen einer mitmenschlichen Schwierigkeit keineswegs zur Beseitigung derselben führt, wenn es auch der erste und wichtige Schritt sein mag.
Ich weiß nicht, welches Alter Du hast, Tabeo, aber ich kann Dir – wiederum aus eigener Erfahrung – sagen, dass man sich menschlich sein Leben lang weiterentwickelt und Schwierigkeiten, die man in jungen Jahren hatte, später durchaus ablegen kann, ohne tatsächlich zu bemerken, dass dem so ist.

Eines aber könnte verbleiben und betrifft nahezu jede und jeden einzelnen: Der Mut, Kontaktdaten bei Menschen zu erfragen, die uns gefühlsmäßig die Beine wegknicken lassen. Diese Schwierigkeit ist so alt wie die Menschheit selbst.

[Undomiel]

Ich kenne das Problem auch nur zu gut. Deswegen ist es mir z.B. immer schwer gefallen, Freundschaften zu finden und aufrechtzuerhalten. Ich habe mich nämlich nie getraut, von mir aus auf jemanden zu zu gehen. Aber nicht weil ich nicht wollte sondern weil ich mich nicht getraut habe. Was das Dating anging hat sich das dann nahtlos fortgesetzt.
Und auch jetzt in der Beziehung fällt es mir zum Beispiel total schwer, Entscheidungen für uns beide zu treffen. Weil ich immer Angst habe mich anders zu entscheiden als er gerne hätte. Und ich Angst habe, meine Entscheidung aufzudrängen. Fängt schon bei so simplen Sachen an wie "Was essen wir heute Abend?". Da arbeite ich aktuell dran.

[Seb-X]

Deswegen bin ich die meiste Zeit meines Erwachsenendaseins unfreiwillig Single.

[Seb-X]

Gehört zum Kennenlernen eine gewisse Ignoranz dazu?

Ja, in dem Sinne, dass man solange weitermacht bis die Ablehnung eindeutig ist. Und wenn keine kommt, dafür Gegenteiliges (sollte man schon feststellen können), umso besser.

[Packeselin2024]

Geht mir genauso. Mir wurde immer zu verstehen gegeben, dass ich das 5. Rad am Wagen (nicht mal das, es hätte niemanden gestört, wenn ich gestorben wäre) und dann sich wundern, warum der Kontakt abgebrochen wird (von Freundschaft kann keine Rede sein). Im Nachhinein haben die Damen hinter meinen Rücken mit meinen Schwärmen gepimpert. Eine war so bösartig, um von sich und ihm abzulenken, zu behaupten, er würde mich anders anschauen (und eine noch schlimmere Sache - war ca. 2013/14). War dann natürlich das Oberopfer des ganzen (Jura-) Kurses. Er hatte zu dem Zeitpunkt Frau und Kind, hatte damals überlegt hinzugehen und Gefühle zu gestehen, was ich aber dann glücklicherweise nicht getan habe, was dann aber von der anderen Dame genüsslich ausgenutzt wurde. Habe den Kontakt zu der Clique dann abgebrochen.

[Packeselin2024]

Zur Info: Waren 2 Typen. Ich finde , wenn jemand zurückhaltend ist und sich nicht aufdringlich sein will, sollte man ihm Mut machen und das Gefühl geben, wichtig zu sein. Um es bildlich zu sagen: Man ist wie ein gebrandmarktes (von Menschen misshandeltes) Pferd, was erst seine Zeit braucht, um aufzutauen und man will nicht aufdringlich sein. Und wenn dies immer wieder und wieder missbraucht wird, zieht man sich irgendwann ganz zurück und ist allem misstrauisch (in meinem Fall zurecht).

[Tania]

Ich habe oftmals das Gefühl das andere keinen Bock auf mich haben, aber ist das so? Gehört zum Kennenlernen eine gewisse Ignoranz dazu?

Ich fürchte, es gehört eher ein gewisses Selbstwertgefühl dazu. Wer mit der Überzeugung auf andere Menschen zugehen kann, dass es für diese ein Megagewinn sein wird, einen kennenlernen zu dürfen, der geht völlig anders an die Sache heran als jemand, der eigentlich glaubt, lästig zu sein und überzeugt ist, der andere wäre ohne diese Bekanntschaft viel glücklicher.

Aber da es Selbstwertgefühl nicht an jeder Ecke zu kaufen gibt, versuche ich es mit Projektion. Ich schaue mir diese Person und ihre Situation an und frage mich, ob ich mich in dieser Situation freuen würde, wenn jemand nett mit mir redet. Also wenn jemand gerade in ein Buch vertieft ist oder schläft oder mit jemandem rumknutscht, spreche ich denjenigen nicht an. Wenn aber jemand gelangweilt auf einen verspäteten Zug wartet, allein an der Bar rumsteht, sich im Supermarkt suchend umschaut oder seit 5 Minuten die Bedienungsanleitung des Fahrkartenautomaten studiert, dann schon.

[time4change]

... Also wenn jemand gerade in ein Buch vertieft ist oder schläft oder mit jemandem rumknutscht, spreche ich denjenigen nicht an. Wenn aber jemand gelangweilt auf einen verspäteten Zug wartet, allein an der Bar rumsteht, sich im Supermarkt suchend umschaut oder seit 5 Minuten die Bedienungsanleitung des Fahrkartenautomaten studiert, dann schon.

Problem im Kontext der Thematik DIESES Forums:
Die- oder derjenige (i.a. wenigen), die/der gerade "gelangweilt auf einen verspäteten Zug wartet, allein an der Bar rumsteht, sich im Supermarkt suchend umschaut oder seit 5 Minuten die Bedienungsanleitung des Fahrkartenautomaten studiert", ist in den seltesten Fällen zufällig gerade die (optisch) attraktive Frau, mit der ich gerne in Kontakt treten würde...

(wobei sich natürlich auch von den optisch attraktiven Frauen 80% oder 90% aus nicht äußerlich wahrnehmbaren Gründen wie
- verheiratet oder anderweitig gebunden;
- strutzdoof;
- nicht kompatible mittelfristige Lebensziele (z.B. akute Kinderwunsch-Torschlusspanik)
- ...
dann doch keine potentielle Partnerin sind)

[Tania]

Problem im Kontext der Thematik DIESES Forums:
Die- oder derjenige (i.a. wenigen), die/der gerade "gelangweilt auf einen verspäteten Zug wartet, allein an der Bar rumsteht, sich im Supermarkt suchend umschaut oder seit 5 Minuten die Bedienungsanleitung des Fahrkartenautomaten studiert", ist in den seltesten Fällen zufällig gerade die (optisch) attraktive Frau, mit der ich gerne in Kontakt treten würde...

Im Kontext dieses THREADS geht es allerdings um "neue Leute kennenlernen".

Davon mal abgesehen: wer ausschließlich attraktive potentielle Partner anspricht, wirkt schon von Anfang an verkrampft und viel zu direkt. Ein "Schon blöd, dass die Bahn immer so unpünktlich ist" klingt dann schnell wie "Hi, ich finde Dich attraktiv und bin gerade auf Partnersuche und Du könntest die Frau meines Lebens sein". Und darauf würde mir eine Antwort viel schwerer fallen als auf Bahn-Smalltalk.

[Levyn]

Wenn ich neue Leute kennen lerne, möchte ich nicht aufdringlich sein. Dadurch bin ich defensiv und traue mich auch nicht nach weiteren Kontaktdaten zu fragen. Das wiederum suggeriert meinem Gegenüber vielleicht, dass ich kein Interesse habe.
Für dieses Problem habe ich keine Lösung parat. Ich habe oftmals das Gefühl das andere keinen Bock auf mich haben, aber ist das so? Gehört zum Kennenlernen eine gewisse Ignoranz dazu?

Kenne das Problem selbst und daher frage ich persönlich auch nie. Es ist bei mir immer die andere Seite die fragt.
Ich glaube das kommt bei mir davon, dass ich früher immer auf Social Media vertröstet wurde, weil man mir die Nummer doch nicht geben wollte. Gilt jetzt nicht explizit für Mädels, die ich gut fand.

Die- oder derjenige (i.a. wenigen), die/der gerade "gelangweilt auf einen verspäteten Zug wartet, allein an der Bar rumsteht, sich im Supermarkt suchend umschaut oder seit 5 Minuten die Bedienungsanleitung des Fahrkartenautomaten studiert", ist in den seltesten Fällen zufällig gerade die (optisch) attraktive Frau, mit der ich gerne in Kontakt treten würde...

Man kann doch auch einfach mal nett quatschen, ohne direkt mit dem Schwanz zu denken. Es ging ja hier um "neue Leute kennenlernen".
Und diese Situationen, wie du sie beschreibst habe ich schon häufig erlebt und die Frauen waren teilweise auch ziemlich hot.

[Seb-X]

Man kann doch auch einfach mal nett quatschen, ohne direkt mit dem Schwanz zu denken.

Man muss es können. So ist es richtig.

Ich kann und will es aber eigentlich nicht mehr. Ich war früher viel mit Frauen befreundet ohne dass mehr draus wurde, weil ich mich nichts getraut habe. Deswegen will ich das eigentlich nicht mehr. Entweder ganz oder gar nicht. Und da ich mich nichts traue, wird es gar nicht.
Ich habe in den letzten Jahren viele neue Menschen kennengelernt und darunter auch Freunde gefunden - sind zu 100 % Männer.

[Levyn]

Ich kann und will es aber eigentlich nicht mehr.

Ja, das kannst du ja für dich so sehen, aber es gibt ja durchaus Menschen, die das belastet und die gerne an ihrer Situation etwas ändern wollen.

[Tabeo]

Und auch jetzt in der Beziehung fällt es mir zum Beispiel total schwer, Entscheidungen für uns beide zu treffen. Weil ich immer Angst habe mich anders zu entscheiden als er gerne hätte. Und ich Angst habe, meine Entscheidung aufzudrängen. Fängt schon bei so simplen Sachen an wie "Was essen wir heute Abend?". Da arbeite ich aktuell dran.

Und wie?

Aber da es Selbstwertgefühl nicht an jeder Ecke zu kaufen gibt, versuche ich es mit Projektion. Ich schaue mir diese Person und ihre Situation an und frage mich, ob ich mich in dieser Situation freuen würde, wenn jemand nett mit mir redet. Also wenn jemand gerade in ein Buch vertieft ist oder schläft oder mit jemandem rumknutscht, spreche ich denjenigen nicht an. Wenn aber jemand gelangweilt auf einen verspäteten Zug wartet, allein an der Bar rumsteht, sich im Supermarkt suchend umschaut oder seit 5 Minuten die Bedienungsanleitung des Fahrkartenautomaten studiert, dann schon.

Ich mag deine Rationalität.

[Undomiel]

Und auch jetzt in der Beziehung fällt es mir zum Beispiel total schwer, Entscheidungen für uns beide zu treffen. Weil ich immer Angst habe mich anders zu entscheiden als er gerne hätte. Und ich Angst habe, meine Entscheidung aufzudrängen. Fängt schon bei so simplen Sachen an wie "Was essen wir heute Abend?". Da arbeite ich aktuell dran.

Und wie?

Indem ich mir immer wieder bewusst mache, dass meine Entscheidung/Meinung etwas wert und gewünscht ist. Und mich zum Teil ein bisschen dazu zwinge, etwas zu sagen. Außerdem bin ich ehrlich bezüglich dieser Gedanken.

[RomNey]

Und auch jetzt in der Beziehung fällt es mir zum Beispiel total schwer, Entscheidungen für uns beide zu treffen. Weil ich immer Angst habe mich anders zu entscheiden als er gerne hätte. Und ich Angst habe, meine Entscheidung aufzudrängen. Fängt schon bei so simplen Sachen an wie "Was essen wir heute Abend?". Da arbeite ich aktuell dran.

Und wie?

Indem ich mir immer wieder bewusst mache, dass meine Entscheidung/Meinung etwas wert und gewünscht ist. Und mich zum Teil ein bisschen dazu zwinge, etwas zu sagen. Außerdem bin ich ehrlich bezüglich dieser Gedanken.

Ungefähr das gleiche Problem hat mein Schatzi auch.

Sie würde das Essen wohl eher 2 Tage warm halten, statt mich beim Zocken anzusprechen.

Also ganz so krass ist es zum Glück nicht mehr, es ist schon deutlich besser geworden.
Denke es hat viel mit dem Selbstwertgefühl zu tun, wie Tania ja auch schon sagte.


Ich denke das größte Problem dabei ist, das sich die negativen Erlebnisse wo man (zumindest in der eigenen Wahrnehmung, muss ja nicht zwingend so gewesen sein) als störend wahrgenommen wurde sich eingebrannt haben.
Und neue Erlebnisse, wo man gedacht hätte es würde stören dem aber gar nicht so war, nur schwer und lamgsam die schlechten Erlebnisse ersetzen. (wenn überhaupt, ist dann wohl oft in der eigenen Wahrnehmung nur ein Zufall oder Glück gewesen...)

Immer Schritt für Schritt!

[Pocolino]

Ja, man sollte meiner Meinung nach lieb mit sich umgehen, wenn man das Problem hat.

Aber, gleichzeitig finde ich, dass man es sich selbst schuldet, daran zu arbeiten und sich nicht hinter diesem Ist-Zustand versteckt, um den unkomfortablen Weg hinaus nicht gehen zu müssen. Denn der Weg daraus ist nicht komfortabel.

Nur über das Ist zu grübeln und dieses umfassend zu analysieren, um es es sich immer mehr als Endzustand einzureden, hilft denke ich nicht.

Less Talk more Walk.

[Seb-X]

Ich kann und will es aber eigentlich nicht mehr.

Ja, das kannst du ja für dich so sehen, aber es gibt ja durchaus Menschen, die das belastet und die gerne an ihrer Situation etwas ändern wollen.

Was soll das jetzt? Wo habe ich das bestritten?